Schnee im Mai - weisse Berg-Narzissen oberhalb Montreux
Der Verein "Narcisses Riviera" organisiert regelmässig Führungen, wenn die Riviera-Narzissen im Frühsommer blühen.
Individualführungen werden auf Anfrage organisiert:
Jean-Marc Falcy
accompagnateur en montagne diplômé
1820 Chernex / Montreux
www.natscape.ch
jmfalcy@natscape.ch
Mobile +41 79 634 75 54
Samstag, 31. Mai 2008
Wir haben uns für die Führung "Narcisses et tavillons, patrimoines naturels et humains" angemeldet und reisen bequem mit der Eisenbahn via Lausanne nach Montreux. Wir steigen in die Montreux-Oberlandbahn (MOB) um, während der Fahrt nach les Avants gibt es schöne Ausblicke auf den Lac Leman und die Rivieraküste sowie auf den Aussichtsberg Rochers-de-Naye.
In les Avants erwarten uns zwei Führer. Wir fahren mit der historischen Drahtseilbahn nach Sonloup. Es lohnt sich, in der Bergstation kurz einen Blick in den Maschinenraum mit dem imposanten Original-Zahnräderwerk aus den Anfängen des 20. Jahrhundert zu werfen. In Sonloup erspähen wir schon die ersten Narzissen. Das Wetter ist feucht und regnerisch; Nebelschwaden ziehen über die Hänge; die saftigen Wiesen präsentieren sich von ihrer farbigsten Seite.
Die Führer erklären uns auf einer Weide, wie schierig es ist, Agrikultur und Ökologie unter einen Hut zu bringen. Narzissen sind trittempfindlich und lassen sich schnell vertreiben. Auf Kuhwiesen finden wir darum wenige Narzissen, wenn überhaupt.
Nach einer kleinen Wanderung durch den Vallon d'Orgevaux stossen wir auf die erste Narzissenwiese und sind begeistert. Im hohen feuchten Gras, zart durch den Nebel, sehen wir hunderte von weissen Narzissen. Beim Weiterwandern stossen wir auf noch viel mehr solche wunderbaren Wiesen. Auf dem gegenüberliegenden Hügel sieht es aus wie frisch verschneit - die Narzissen werden deshalb auch "Schnee im Mai" genannt .
Nach einem Picknick geht es weiter zu einem Alpstall (Chalet Baret, 1425 Meter über Meer), wo uns die Handwerker die Kunst der Holzschindel-Fabrikation und die aktuelle Dachsanierung vorführen. Die Holzschindeldächer, von Ortsansässigen "Tavillons" genannt, und die Holzdachrinnen haben in dieser Gegend eine lange Tradition, die bis heute überlebt haben.
Nachdem wir einen tüchtigen Regenguss abgewartet haben, scheint endlich die Sonne. Nun kommen wir auch in den Genuss des lieblichen und betörenden Dufts, den so eine Narzissenwiese ausströmt. Am liebsten würden wir uns reinlegen, so verlockend blumig riecht es.
Die Narzissen sind streng geschützt und Schilder am Wegrand bitten die Wanderer die Felder nicht zu betreten. Dieser Bitte kommen wir gerne nach, möchten wir doch diese Pracht das nächste Jahr wieder sehen und riechen. Erlaubt ist der Blumenschnitt, allerdings muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die Blätter nicht mitgeschnitten werden. Die Blätter sind für die Speicherung der Energie in den Zwiebeln und folglich für den nächsten Austrieb überlebenswichtig.
Arten
In der Riviera gibt es verschiedene Ökotypen von Narzissen. Diese haben sich im Verlauf der vielen Jahren an das Mikroklima und die örtlichen Gegebenheiten angepasst.
Wo finden wir in der Schweiz noch diese Narzissen?
In frischen Bergwiesen, in montan-subalpinen Zonen. Zum Beispiel im Saanenland, Simmen-, Kandertal, Nordjura oder eben in les Hauts de Montreux (Rivieragebiet am Genfersee).
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Narcissus radiiflorus
Die weisse Berg-Narzisse (Narcissus radiiflorus) ist eine ausdauernde Zwiebelpflanze mit einer großen Knolle. Sie kann zwischen 20 bis 40 Zentimeter hoch wachsen. Die Bätter sind grundständig, lineal, fleischig und 5-10 cm breit. Die Blüte steht aufrecht bis nickend, gestielt und mit einem häutigen Hochblatt. Die Frucht ist eine 3fächrige, vielsamige Kapsel.
Heute wird vermutet, dass sich die weissen Berg-Narzissen mit dem Abknicken der Blütenstengel und dem Herausfallen der Samen verbreitet haben. |
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Narcissus poeticus
Die Weiße Garten-Narzisse (Narcissus poeticus) wird auch Dichter-Narzisse, Montreux-Narzisse oder Echte Narzisse genannt. Dieser Oekotyp kommt ursprünglich von den Savoyer-Alpen und wurde in les Hauts de Montreux eingeschleppt.
Ihre Blätter sind breiter als die weissen Berg-Narzissen. Die zwittrigen Blüten stehen einzeln auf einem Stängel, sind weiss und haben in ihrer Mitte eine, durch Karotinkristalle gefärbte, gelb-rote Nebenkrone. Diese Nebenkrone hat einen intensivieren Duft als das übrige Perigon. Die Staubblätter sind im Gegensatz zur weissen Berg-Narzisse (Narcissus radiiflorus) ungleich hoch eingefügt, die unteren 3 in der Perigonröhre eingeschlossen, .
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Impressionen
Text und Bilder: Edith Obrist
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