DIE DEUTSCHE SPRACHE IN ELSASS-LOTHRINGEN
(TEIL 3)
Elsässer Zweisprachigkeit in Schule und Gesellschaft: ein Überblick
von Pierre Klein
Die frühere sprachliche Lage kennzeichnet sich durch den Erhalt (bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts) der deutschen Sprache, sowohl der Dialekte als auch der Standardsprache oder Koine, und durch eine ständige Zunahme des Französischen als Volkssprache, was aber erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wirklich so sein wird.
Straßburg, An den Gewerbslauben
Die heutige sprachliche Lage charakterisiert sich seit den sechziger Jahren durch folgende Entwicklungen:
1. Die gewaltigen Fortschritte in der Kenntnis und der Verwendung der französischen Sprache, die jetzt eine Volkssprache und immer mehr die Mutter- und ’Alleinsprache’ zahlreicher Elsässer (zweifellos schon für mehr als 60% der Bevölkerung) geworden ist. Sie wird heute von der ganzen Bevölkerung beherrscht. Wir erleben sogar, seit der Mitte des 20. Jahrhunderts, eine echte linguistische Mutation zu ihren Gunsten.
2. Einen deutlichen sozialen und linguistischen Rückgang der Dialekte (quantitativ und qualitativ). Das Elsässerdeutsch ist selbst im engen Familienkreis nicht mehr vorherrschend und ist fast vollständig vom öffentlichen und offiziellen Leben ausgeschlossen. Noch beherrscht von etwa 40% der Elsässer, liegt es bereits außerhalb des Kenntnisbereichs von drei Vierteln aller Jugendlichen.
3. Eine Schritt für Schritt eingeleitete sprachpolitische und psychologische Ausbürgerung und Verweisung des Standarddeutschen, das jetzt vielen als Fremdsprache vorkommt. Immerhin wird es noch benutzt, um ein wenig die Bedürfnisse der älteren Generationen zu befriedigen. Die deutsche Koine wird mittelmäßig durch den Teil der Bevölkerung gesprochen, der eine Sekundarausbildung durchlaufen hat, das heißt durch etwa 40% der Elsässer. Benutzt wird sie noch geringfügig in der regionalen Presse, den Kulten, der Wahlpropaganda, in größerem Ausmaß beim Schauen oder Hören von Sendungen deutschsprachiger Medien und immer mehr im Bereich der grenzüberschreitenden politischen Zusammenarbeit und des volkswirtschaftlichen Handels. Seit den siebziger Jahren wurde ein bescheidener, keineswegs ausgleichender Unterricht der deutschen Sprache in der Grundschule wieder eingeführt. Seit den neunziger Jahren sind bilinguale französisch-deutsche Klassen in Vor- und Grundschulen eröffnet worden, aber sie decken bei weitem weder die Nachfrage noch die Bedürfnisse. Nicht einmal 10 % der Schulbevölkerung werden heute mit diesem Lehrgang beglückt.
4. Das Anwachsen von Sprachen, die auf Einwanderung zurückgehen (Berberisch, Arabisch, Türkisch, Kurdisch...) und oft die psychosoziale Notlage der regionalen Sprache teilen.
Infolge dieser vielfältigen Situation ist die heutige sprachliche Lage für diejenigen, die sich eine zumindest zweisprachige elsässische Zukunft erwünschen, besorgniserregend und komplex. Und sie wird es bleiben, ja sich sogar verschlimmern, weil keine wahre demokratische Debatte stattfindet, das heiβt kein kommunikatives Handeln von gleichberechtigten Dialogpartnern in einer unbegrenzten und herrschaftsfreien Öffentlichkeit, geprägt von der Prämisse einer moralischen Gesellschaft.
Fängt der Dialog nicht erst dann an, wenn man davon ausgeht, dass der Andere Recht haben könnte? Beruhen Respekt und Anerkennung nicht auf Gegenseitigkeit? Bedeutet Demokratie nicht das In-Einklang-Bringen des Universellen mit dem Unterschiedlichen? Auf diese Frage fordert die Vernunft ein klares Ja. Leider bleibt die Demokratie unvollendet und das Elsass deshalb auch.
Die ersten zweisprachigen Klassen sind im Jahre 1991 als Ergebnis einer assoziativen Initiative entstanden, im vorliegenden Fall jener von ABCM-Zweisprachigkeit (Associations pour le Bilinguisme en Classe dès la Maternelle ). Solche zweisprachige Klassen gab es schon in der Bretagne, im französischen Baskenland, in Okzitanien, aber nicht im Elsaß. Die Öffnung von zwei ersten assoziativen Klassen hat das Bildungs- und Schulwesen mehr oder weniger gezwungen zu reagieren. 1992 eröffnete dieses die ersten öffentlichen zweisprachigen Klassen. Heute folgen etwa 29.000 Schüler einem paritätischen zweisprachigen Unterricht (12 Std. in Französisch und 12 Std. in Deutsch) in öffentlichen Schulen oder in privaten und assoziativen Schulen, die unter Vertrag mit dem Staat sind.
Das Prinzip der Zweisprachigkeit ist im Elsass weitgehend akzeptiert. Zum Beispiel dort wo die Schule einen zweisprachigen Unterricht anbietet, nehmen ihn die Familien zu 50% für ihre Kinder an. Nur wird nicht genügend für ihre Entfaltung unternommen.
Wenn man von einer Politik des Antrags zu einer Politik des Angebotes übergegangen wäre, hätten wir also schon 50% Kinder, die in zweisprachigen Stufen eingeschult würden. Ein solcher Beitrittssatz hätte zweifellos eine Dynamik geschaffen, und wir könnten bereits eine Verallgemeinerung des Systems haben.
Jedoch bleiben politische Zurückhaltung (Vorbehalte) auf der Seite des Staates und dessen Ministeriums für Bildungs- und Schulwesen. Frankreich bleibt sehr jakobinisch und definiert immer noch die französische Nation wie eine Ethnie, das heißt durch objektive Daten, nämlich die Einheitlichkeit und Einzigartigkeit der Sprache, der Kultur und der Geschichte. Dass Französisch die gemeinsame Sprache aller Franzosen ist, wird nicht bestritten, aber warum sollte sie die einzige Sprache Frankreichs sein?
Ausgehend von einer solchen Konzeption der Nation, kann man begreifen, dass die regionalen Sprachen Frankreichs im besten Falle nur geduldet sind. Zu dieser Haltung kommt im Elsass noch der traditionelle französische Anti-Germanismus als zusätzliche Schicht zu der oben erwähnten Feindseligkeit dazu.
Oberhalb der Problematik der Zweisprachigkeit besteht die Frage der nationalen Identität Frankreichs, die, weil sie eigenartig sein muss, in ihrer eigenen Vielfältigkeit verschlossen ist. Dieser politische Gedanke wird stark in Frankreich verbreitet, also auch im Elsaß. Die Gesamtheit der Franzosen und also auch der Elsässer werden ausführlich durch sie formatiert. Es ist also nicht erstaunlich, dass die Anfrage bezüglich des zweisprachigen Unterrichts in Frankreich ziemlich schwach ist. Im Elsaß kommt der Posttraumatismus der Nachkriegszeit noch dazu. Während dreier Jahrzehnte wurde alles Deutsche, so auch die deutsche Sprache, verdrängt. Diese Haltung wurde natürlich von den Gegnern der sprachlichen Vielfalt Frankreichs ausgenutzt, wenn nicht aufgebaut.
Jedoch ist heute die elsässische Jugend von den Komplexen ziemlich befreit. Außerdem ist sie sich der Bedeutung der Kenntnis der deutschen Sprache in einer Region, die ihre Zukunft nicht getrennt vom anderen Rheinufer sehen will, bewusst geworden.
Die Eltern, ob sie nun aus dem Elsass stammen oder kürzlich zugewandert sind, die einen zweisprachigen Unterricht für ihre Kinder wählen, tun es (minderheitlich) auf Grund der elsässischen Identität und (mehrheitlich) auf Grund der wirtschaftlichen Lage des Elsass im Oberrhein und der kognitiven Vorteile der Zweisprachigkeit. Diese Eltern kommen meist aus der mittleren oder höheren Schicht der Gesellschaft, nicht aus Gründen eines angestrebten Elitismus, sondern ganz einfach, weil sie besser über das Angebot bezüglich des zweisprachigen Unterrichts informiert sind.
Das Hauptproblem, das das System kennt, ist jenes des Mangels an Lehrern, welche die erforderlichen Kompetenzen besitzen. Dies bremst die Entwicklung des paritätischen zweisprachigen Unterrichts, so dass auch der dreistündige Deutschunterricht oft fiktiv ist. Diese Lage gründet auf zahlreichen Ursachen und benötigt Interventionen auf mehrfachen Niveaus. Eine der Schwierigkeiten steht mit der Tatsache im Zusammenhang, dass das durch die Universität vorgeschlagene Bildungsangebot nicht angemessen genug ist.
Welche Lösungen? Eine erste könnte das Zurückgreifen auf Lehrer aus Deutschland, der Schweiz oder Österreich sein. Aber es gilt immer noch, die Anerkennung ihrer Diplome zu erhalten. Eine andere Lösung würde darin bestehen, den angestellten Lehrern eine Weiter- und Fortbildung zu ermöglichen.
Ausblick, gewünschte organisatorische und inhaltliche Verbesserungen
Wie schon erwähnt, der Ausbau des regionalen Unterrichts stößt heute auf zahlreiche Schwierigkeiten. Das Elsaß ist im Verzug hinsichtlich des zweisprachigen Unterrichts. Zum Beispiel 40% der Kinder sind in zweisprachigen Klassen im Baskenland. Im Elsaß 16%! Um aus dieser Lage herauszukommen, ist es notwendig und dringlich, eine globale, zusammenhängende und aktive Politik zu Gunsten der zweisprachigen Erziehung aufzubauen.
Für die künftigen Lehrer braucht man eine spezifische Bildung vom 1. Universitätsjahr an, einen finanziellen Anreiz ,um den Einstieg in die Karriere zu fördern, sowie eine wirksame Unterstützung hinsichtlich pädagogischer Werkzeuge.
Gefordert werden wirksame Mechanismen der Bewertung der Ausbildung, klare Statistiken über die verfügbaren Ressourcen und vor allem eine bestimmte Direktion, die über eine breite Zuständigkeit verfügt, um transparent und verantwortlich diese Politik des Unterrichts unserer regionalen Sprache durchzuführen.
Um dem Problem der Zweisprachigkeit im Elsaß eine globale und dauerhafte Lösung zu geben, muss man den lokalen Akteuren mehr Kompetenzen geben und die Verantwortung besser bündeln. Deshalb schlagen wir die Schaffung einer „hohen dezentralisierten Behörde“ vor, die besonders dem Unterricht der regionalen Sprache, Geschichte und Kultur gewidmet ist und welche die Kompetenzen des Staates und die Beiträge der territorialen Gebietskörperschaften zusammenträgt, in Absprache mit den Vertretern der Eltern, der Lehrer und der Assoziationen, die an der Förderung der regionalen Sprache und Kultur arbeiten, und die über die Gesamtheit der notwendigen Macht verfügt um:
- die Entwicklung des Unterrichts zu planen,
- die Bildung der Lehrkräfte zu organisieren,
- das Rekrutieren der Lehrer zu gewährleisten,
- die pädagogischen Werkzeuge zu entwickeln,
- die Entscheidung über die Öffnung von Klassen und
- die Entscheidung über die Einstellung von Lehrern zu fällen,
- die Kontrolle über das ganze System zu gewährleisten.
Ein weiteres Problem besteht in der Abwesenheit eines Unterrichts der Geschichte des Elsass.
Die Ablehnung der eigenen Sprache ist die Konsequenz einer Verdrängung des Ich-Bewusstseins und einer Behinderung des Wir-Bewusstseins. Sie ist die Folge einer Bedrohung oder Verletzung der Selbstakzeptanz und des Selbstwertgefühles. Muss man sich nicht in einer tiefen Identitätskrise befinden, um die Sprache des Seins und des Mitseins zu verleugnen? Jede Identität ist ein Konstrukt, auch die elsässische und der Zustand in dem sie sich befindet.
Warum unterrichtet man die Geschichte Frankreichs? Um Franzosen zu fabrizieren! Warum unterrichtet man nicht die Geschichte des Elsass? Um keine Elsässer zu fabrizieren! Der Unterricht der Geschichte bleibt in Frankreich derjenige der eigenartigen und einheitlichen Geschichte Frankreichs, die außerhalb des europäischen Kontinuums steht, die Geschichte der Macht, die Geschichte eines mythischen Frankreichs. Was auch immer, sie lässt das wirkliche Frankreich, d.h. die Geschichte der französischen Verschiedenheit noch sehr unberücksichtigt, sei sie historisch, sprachlich, kulturell oder religiös.
Der Unterricht der französischen Geschichte muss sich ändern, an erster Stelle, weil sich die Elemente der französischen Identität ändern. Man muss sich die Frage stellen, ob die Inhalte des Unterrichts bleiben sollen, was sie sind, in einem Frankreich, das sich verändert, und in einer Welt, die neue Legitimationen kennt, und welcher Typ von Franzosen zu bilden ist. Die Vielfältigkeit der Nation und die Ausdehnung der Bürgerschaft in neue Dimensionen rufen zur Vielfältigkeit und zur Ausdehnung der Geschichte auf.
Es geht besonders darum, die gerechten Forderungen der Verschiedenheit in Betracht zu ziehen durch eine Dekonstruktion-Rekonstruktion des Geschichtsunterrichts Frankreichs, die es ermöglicht, alle unterdrückten Erinnerungen in eine neue Perspektive einzubeziehen, Basis einer aktualisierten und lebendigen nationalen Identität für die Franzosen von heute. Die Gedächtnispflicht, „le devoir de mémoire“, muss unbedingt mit der Berücksichtigung der Verschiedenheit der Erinnerungen, „la diversité des mémoires“, gehen.
Es ist nicht möglich, sich damit zu identifizieren, was man nicht kennt, eine Empathie zu entwickeln zu dem was man nicht wahrnehmen kann. Wenn auch das Elsass eine Geschichte hat, hat es andererseits kein kollektives Gedächtnis, weil die Elsässer sich nie mit ihrer Geschichte auseinander setzen konnten. Deshalb ist es dringend erforderlich, zusammen die Geschichte und ihre Kultur, die Kultur und ihre Geschichte, ihre Originalität wie ihre Vielfältigkeit, zu bearbeiten. Man muss von der jetzigen nationalen und offiziellen Geschichte, die die ausschlieβende und verarmende einfältige Besonderheit hervorhebt, wegkommen und sich auf die Geschichte des anderen, der anderen öffnen, eine Geschichte, die einschlieβt und bereichert. Dies ist die Bedingung dafür, Elsässer werden zu können.
Man kommt nicht als Elsässer zur Welt, man wird es, in dem man sich damit identifiziert, was die elsässische Identität aufbaut, d.h. mit der Geschichte und der Kultur im weitesten Sinne des Wortes, wie sie sich im Elsass aufgebaut haben und aufbauen. Zwar kommt man nicht als Elsässer zur Welt. Man wird es. Noch muss man es können.
Unterricht der deutschen Sprache im Elsass : der Stand der Dinge im öffentlichen Schulwesen (http://www.ac-strasbourg.fr/)
Ein wenig mehr als 20 % der Vorschulen bieten eine zweisprachige Stufe an. Es gibt kein Sprachbad oder Immersion in diesen Einrichtungen.
Ein Unterricht der deutschen Sprache wird an 100% der Grundschulen angeboten, in der Größenordnung von theoretisch 3 Stunden. Dies im Rahmen des sogenanten „Système extensif“.
Ausserdem gibt es das „Système intensif“, den bilingualen Zug. Dieser paritätische zweisprachige Kursus (französisch-deutsch), besteht aus einem Unterricht in und auf, halb und halb, Französisch und Deutsch, jeweils 12 Stunden pro Woche. Etwa 29.000 Schüler folgen diesem Kursus, das heißt fast 17 % der Schülerschaft des Elsass.
Von der 6. Bis zur 3. variiert das Stundenvolumen in deutscher Sprache je nach Einrichtung: meistens 4 Stunden Deutsch und 2 Stunden Fachunter-
richt in Deutsch (Geschichte, Geografie…).
In der 6. nehmen 99% der zweisprachigen Schüler ebenfalls in der Einrichtung „bilangue“ (Zwei-Sprachen) teil, die neben Deutsch die Lehre des Englischen anbietet. Etwa 74% der Schüler von der 6. wählen diesen Zug, gegen 11% in Frankreich. Am Collège lernen 99% der Schüler der 5. Englisch, 89% Deutsch und 9% Spanisch.
Das Gymnasium bietet verschiedene Fortsetzungen des zweisprachigen Kursus, insbesondere in binationalen, in europäischen oder in professionnellen Klassen.
In den allgemeinen Klassen gibt es den Abibac-Kursus (Abitur-Baccalauréat- Zug) zur doppelten Anerkennung des französischen Abiturs und des deutschen Abiturs.
Dieser Kursus sieht einen 6-stündigen spezifischen Unterricht (Deutsch, deutsche Literatur und Kultur) und 3 bis 4 Stunden Geschichte und Geografie in Deutsch vor. Etwa 20 der elsässischen Gymnasien bieten dies an.
Im professionellen Zug erlaubt der Kursus Azubi-Bacpro den Schülern, ihre Kompetenzen in Deutsch zu erweitern und zu konsolidieren.
ABCM–Zweisprachigkeit
(http://www.abcmzwei.eu/abcm-zweisprachigkeit/)
ABCM schult ungefähr 1200 Schüler der kleinen Sektion des Kindergartens bis zum „cours moyen 2“ in 11 Schulen ein, darunter zwei in Lothringen (Sarreguemines = Saargemünd).
Sie führt einen immersiven (Sprachbad-) Unterricht in 3 Schulen durch und plant eine Verallgemeinerung.
Das Eintauchen bei ABCM bedeutet, dass in der Vorschule die Kinder nur auf Deutsch (Standarddeutsch und Elsässerdeutsch) unterrichtet werden. Französisch wird erst in der Grundschule eingeführt.
Die A.B.C.M.-Zweisprachigkeit-Schulen bieten Kindern einen zweisprachigen Unterricht an, der es diesen Kindern nicht nur ermöglichen wird, zwei Sprachen zu beherrschen, sondern auch zwei Kulturen zu integrieren und die Grenze zwischen Frankreich und Deutschland zu überwinden. ABCM spricht in diesem Zusammenhang vom Gedanken der grenzüberschreitenden Interkulturalität.
Ein Basisprinzip: niemals übersetzen
Unter zweisprachigem Unterricht verstehen wir einen Unterricht von zwei Sprachen in zwei Sprachen, ohne jemals auf das Werkzeug der Übersetzung zurückgreifen zu müssen, nach einer Pädagogik, die sich ein frühes Sprachbad zu nutze macht. Deshalb ist die Schule konstitutiv verbunden mit einem zweisprachigen Kindergarten, der „École Maternelle“, deren Besuch Voraussetzung für den Besuch der Grundschule ist. Kinder, die die Schule erst nach Erreichen des sechsten Lebensjahres besuchen möchten, müssen einschlägige Vorkenntnisse in der zweiten Sprache vorweisen können.
Der Ganztages-Unterricht ist so organisiert, dass er im Wechsel, Montag und Donnerstag in der einen Sprache und Dienstag und Freitag in der anderen Sprache stattfindet. Der Mittwoch ist ein schulfreier Tag.
Diese Methode des Eintauchens, auch „Immersion“ genannt, basiert auf dem natürlichen Erwerb der Sprache. Das Kind lernt die zweite Sprache wie auch die erste Sprache durch Nachahmung und Reproduktion. Diese Pädagogik nutzt als Prinzipien:
• die der Frühzeitigkeit: ab dem dritten Lebensjahr
• die der Dichotomie: für jede Sprache eine muttersprachliche Lehrkraft
• die der Kontinuität und die des ausreichenden Eintauchens in die „schwächere“ Sprache
Außer der Aneignung von zwei Sprachen ermöglicht diese Methodik den Kindern die Eröffnung zu zwei Kulturen, die sie zu verstehen und zu integrieren lernen, wie auch lernen daraus eine Synthese zu machen. Sie ist eine Lehre des Andersseins und des Zusammenlebens. Nicht zuletzt soll die aufgebaute Zweisprachigkeit die Teilnahme an die Wirtschaftsumwelt des Oberrhein-Gebietes erleichtern und eine Öffnung zu einer globalisierten Welt ermöglichen.
Maternelle = Vorschule (Kindergarten)
Aber nicht nur. Man wird es auch, indem man an Manifestationen der elsässischen Solidaritäten teilnimmt, ein Zusammenleben gemeinsam aufbaut.