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«Holznot» in der Schweiz (1750-1850)

Holzmangel wurde spätestens seit dem 16. Jahrhundert als Problem wahrgenommen. Einen Höhepunkt erreichten die Klagen und wohl auch die Furcht vor einem Mangel um 1800. Die zahlreichen Klagen und die damit begründeten neuen Ordnungen und Gesetze im 18. und 19. Jahrhundert führten in der Forstgeschichte des 20. Jahrhunderts zur Ansicht, die «Holznot» sei ein Problem aller sozialer Schichten, der ganzen Schweiz und darüber hinaus von ganz Europa gewesen.

Die Studie zur «Holznot» in der Schweiz verfolgt zwei Hauptziele. Erstens wird der Frage nach der Ressourcenverknappung und ihrer Bedeutung für die Gesellschaft des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts nachgegangen. Es ist deshalb zu klären, was als Holzmangel zu verstehen ist und welche Regionen und sozialen Gruppen davon überhaupt betroffen waren. Zweitens geht es um die Analyse des Verwendung des Arguments «Holznot». Die Untersuchung zielt auf die Analyse des Arguments «Holznot»: dabei ist zu fragen, wer unter welchen Bedingungen dieses Argument politisch einsetzte.

Dieser Zugang zum Problem «Holznot» erlaubt einen Blick auf die Forstgeschichte, der neben forstwissenschaftlichen auch gesellschaftliche Entwicklungen im Zusammenhang mit Waldnutzung berücksichtigt: Die Entstehung der modernen Forstwirtschaft und -wissenschaft kann nur zum Teil mit der Notwendigkeit einer rationelleren Holzproduktion erklärt werden. Der wirtschaftliche (die Protoindustrialisierung resp. Industrialisierung) und gesellschaftliche Wandel (Aufklärung) führte zu Anpassungen in der Waldnutzung. So wurden beispielsweise aufgrund des gesteigerten Bedarfs an Brenn- und Bauholz bestimmte Baumarten gefördert, die bäuerlichen Waldnutzungen - z.B. die Nutzung des Waldes als Weide - dagegen als schädliche Nebennutzungen bezeichnet und zurückgedrängt. Damit wurde der bäuerlichen Bevölkerung der Wald als landwirtschaftliche Ressource weitgehend entzogen, was auf ihre wirtschaftliche Lage entscheidende Auswirkungen hatte. Die Entwicklung der Forstwirtschaft und die Forderungen der «Forstpioniere» sollen im Kontext allgemeiner gesellschaftlicher Entwicklungen gesehen und die gegenseitigen Beeinflussungen dargestellt werden.

Die Untersuchung wird sich schwergewichtig auf die Ostschweiz - die Kantone Zürich, Thurgau, St. Gallen und Graubünden - konzentrieren. Damit kann sichergestellt werden, dass städtische, kleinstädtische und ländliche Gebiete einerseits und Alpen- wie auch Mittellandregionen erfasst werden können. Das Schwergewicht der Studie liegt in der Zeit zwischen 1700 und ca. 1850, also in der Zeit der grossen gesellschaftlichen Umbrüche der frühen Neuzeit (Industrialisierung, Aufklärung). Zur Erfassung möglichst breiter Bevölkerungsschichten werden ganz unterschiedliche Quellentypen beigezogen: Forstordnungen und -mandate, Reiseberichte von Naturforschern, Romantikern sowie forstlich Tätigen, Berichte von landwirtschaftlichen Reformern, Gemeinderats-, Korporations-, Rats- und allenfalls Kirchenpflegeprotokolle sowie das Schriftgut verschiedener gerichtlicher Instanzen. Die Quellen stammen aus den Gemeinde- und Staatsarchiven und allenfalls Korporationsarchiven der Ostschweiz.